Invasive Infektionen durch Streptokokken der Gruppe A mit schwerer Verlaufsform als „Toxic Shock-like Syndrome“– ein intensivmedizinisch zu behandelndes Krankheitsbild

Zusammenfassung Seit Mitte der achtziger Jahre häufen sich weltweit Berichte über invasive Infektionen verursacht durch Streptococcus pyogenes. In einer retrospektiven Studie wurden Häufigkeit, Symptomatik, Verlauf, Therapiemöglichkeiten und mikrobiologische Charakterisierung der Erkrankung untersucht. In die Studie wurden alle zehn Patienten (sieben weibliche/drei männliche, Durchschnittsalter 45,0 [4–71] Jahre) des Kreiskrankenhauses Reutlingen eingeschlossen, bei denen zwischen September 1994 und Mai 1996 Streptococcus pyogenes an sterilen Entnahmeorten nachgewiesen wurde. Die Isolate wurden am damaligen Nationalen Referenzzentrum (Jena) bezüglich Typisierung und Toxinbestimmung analysiert. Bezogen auf die ca. 272000 Einwohner des Landkreises Reutlingen liegen unsere Zahlen für invasive Infektionen im Bereich der in Nordamerika anhand von Populationsstudien ermittelten Daten (Inzidenzen zwischen 1,5–4,3/100000). Bei sieben Patienten war vor der akuten Krankheitsverschlechterung eine grippeähnliche Prodromalsymptomatik zu beobachten. Auffällig war eine Häufung des schwer verlaufenden „toxic shock-like syndrome“ (TSLS) mit den Kriterien: Schocksymptomatik, Multiorganversagen, Weichteilnekrose und generalisiertes Erythem (n=6). Alle überlebenden Patienten mit TSLS mußten mit mehrtägiger Respiratortherapie behandelt werden (7–16 Tage). Eine Patientin mit TSLS starb am Aufnahmetag aufgrund eines fulminanten septischen Schocks. Die Analyse der isolierten Stämme zeigte kein einheitliches Bild bezüglich der Serotypen und der Toxinbildung. Folgende sofortige therapeutische Maßnahmen sind erforderlich: antibiotische Behandlung, chirurgische Sanierung des Infektherdes und typische Intensivtherapie bei Multiorganversagen. Die beobachtete Prodromalsymptomatik unterstreicht nachdrücklich die Möglichkeit eines frühzeitigen Eingreifens in das Krankheitsgeschehen.